Tanya Squirrell - Die Kunsttherapeutin bei Trauma

„Ich kann nicht malen“ lautet die Reaktion vieler Menschen, wenn sie zum ersten Mal von der Kunsttherapie hören. Tanya Squirrell, Dipl. Kunsttherapeutin, hat diese Erfahrung häufig erlebt. Für die Therapeutin mit Praxis in Baden hat Kunst jedoch nichts mit „können“ zu tun, sondern mit erleben. Coachfrog hat mit Tanya Sqirrell gesprochen und mehr über Ihre Arbeit erfahren.

Frau Squirrell, mit welchen Bedürfnissen kommen Klienten in Ihre Praxis?

Meine Klienten haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Oft benötigen Sie Hilfe bei der Stressbewältigung oder möchten ihren freien, kreativen Ausdruck sowie ihre Ausdauer, Konzentration und Geduld fördern. Allgemein stärkt die Kunsttherapie das Selbstvertrauen und hilft bei der Neuorientierung, Persönlichkeitsentwicklung sowie Lebens- und Sinnfragen. Diese Punkte spielen vor allem bei psychischen Beschwerden eine wichtige Rolle.

Wie kam es dazu, dass Sie Kunsttherapeutin werden wollten?

Seit frühster Kindheit war ich schon immer kreativ und habe mit verschiedenen Materialien experimentiert. Ich war erst in der Werbung und später in der Informatik tätig. Irgendwann suchte ich einen neuen Weg, die Kreativität aus der Werbung und aus meiner Kindheit wieder zu aktivieren. Mit der Vorstellung mein analytisches Denken und meine Originalität miteinander zu verbinden, stiess ich auf die Ausbildung zur Dipl. Kunsttherapeutin. Nach meinem Abschluss lernte ich zunächst das klinische Setting der Kunsttherapie kennen. Heute arbeite ich klinisch und ambulant in eigener Praxis für Kliniken und kümmere mich um die Nachbetreuung nach stationären Klinik-Aufenthalten sowie um Menschen in Lebenskrisen ohne vorgängigen Klinikaufenthalte.

Haben Sie sich auf bestimmte Beschwerdebilder spezialisiert?

Ich konzentriere mich hauptsächlich auf posttraumatische Belastungsstörungen und psychischen sowie psychosomatischen Beschwerden wie Suchtprobleme, Burnout, Angststörungen, Erschöpfungszustände oder Depressionen.

Man könnte annehmen, bei psychischen Problemen lautet die erste Anlaufstelle eine Psychotherapie. Was ist anders bei der Kunsttherapie?

Die Kunsttherapie gestaltet sich anfangs ähnlich wie die Psychotherapie. Es gibt ein Vorgespräch bzw. ein Kennlerngespräch, da die Beziehung zwischen Therapeut und Klient ein wichtiger Faktor für den Prozess ist. Danach werden klare Ziele formuliert. Dies ist wichtig, um allenfalls während des Prozesses zu sehen, ob diese noch relevant sind oder evtl. ein tiefer liegendes Thema behandelt werden sollte. Im weiteren Verlauf nutzt die Kunsttherapie andere Werkzeuge als die Psychotherapie. Gerade Menschen, die nicht genau benennen können was ihr Problem ist, können durch das Malen und Gestalten sehr viel über sich entdecken. Da Kreativität meist etwas mehr Zeit braucht als ein psychotherapeutisches Gespräch, ist die Dauer einer Sitzung 90 Minuten lang.

Wie verläuft die Kunsttherapie nach dem Erstgespräch?

Beim ersten kunsttherapeutischen Setting malt oder gestaltet der Klient so spontan wie möglich. Ziel ist es, etwas visuell darzustellen, was in der Therapie angegangen werden möchte und zu lernen, sich frei und gelöst auszudrücken. Meine Aufgabe ist es dabei zu unterstützen, Gedanken und Gefühle freien Lauf zu lassen. Die Arbeit kann am Anfang schwierig erscheinen, weil die Menschen generell dazu neigen alles analysieren zu wollen. Der Patient soll durch den kreativen Prozess jedoch in erster Linie eine vergessene Erinnerung, ein verdrängtes Gefühl oder eine Gedankenverbindung wieder aufleben lassen. Es geht nicht darum, das geschaffene Werk anschliessend zu interpretieren. Am Ende der Sitzung kann er über seine Erfahrungen/Eindrücke sprechen. Der Therapeut hat somit auch eine zuhörende Funktion.

Warum hilft die Kunsttherapie gerade bei Trauma und Sucht?

Gerade Trauma-Patienten die Schwierigkeiten haben das Geschehene zu verbalisieren, hilft es sich mit den vorhandenen, inneren Bildern auseinander zu setzten. Wenn diese erst einmal verarbeitet wurde fällt es sehr viel leichter, Distanz zu ihnen aufzubauen.

Bei Suchtthematiken sind es oftmals alte Muster die immer wieder auftauchen. Verhaltensweisen die unbewusst „antrainiert“ wurden, die als Überlebensstrategie dienen. Alle Suchtpatienten wissen, dass es nicht gut ist was sie tun. Doch allein dieses Wissen reicht nicht, um zu genesen. Ihnen fehlen neue Strategien, um die alten Muster aufzugeben. Dies ist ein schwieriger und langer Prozess. Verdrängte Emotionen brauchen einen Raum um sichtbar zu werden. Durch die Kunsttherapie kommen die Klienten erst einmal weg vom Denken. Sie erfahren zunächst wieder Emotionen. Dann erst können sie oftmals neues Entdecken und Schritt für Schritt ihre alten Verhaltensmuster verändern.

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