Resilienz in der digitalisierten Welt

Eine grosse Krankenversicherung hat neulich die Resultate ihrer Erhebungen bekannt gegeben: ‚Die Zahl der Krankschreibungen bei Schweizer Firmen hat innerhalb von fünf Jahren um 20 Prozent zugenommen. Hauptgrund sind psychische Leiden.‘ So war es April 2018 im Tages Anzeiger nachzulesen. Die NZZ berichtete gar, das Plus an rein psychischer Erkrankungen betrage 35 Prozent. Die Verbreitung der psychischen Leiden wird von Fachleuten allgemein als bedenklich erachtet. Zudem bedeutet eine Zunahme von Erkrankungen für eine Firma enorme Kosten.

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Mit als Ursache wird der starke Umbruch in der Arbeitswelt ins Feld geführt. Die Digitalisierung damit verbundene Informationsflut schreitet seit einigen Jahren rasant voran und ist als Begriff omnipräsent. Fast täglich landen – wohl nicht nur in meiner Mailbox – Weiterbildungsangebote rund um das Thema Digitalisierung. Wir alle sind in verschiedener Hinsicht von Digitalisierung betroffen. 

Genau betrachtet war bereits die Finanzkrise 2008 Ausdruck  der sich abzeichnenden Digitalisierung,  aufgrund derer die Verarbeitung solch riesiger Datenmengen erst möglich geworden war. Die jüngste Geschichte von Facebook in Zusammenhang mit Cambridge Analytica weist uns stark auf die Gefahren dieser Entwicklung hin – nebst all den positiven Aspekten und Annehmlichkeiten, die sie beinhaltet.

Was bedeutet es für den einzelnen Menschen?  Wie kann die  Flut von Informationen, die uns die Technologisierung beschert, von unserem Gehirn verarbeitet werden? Wie gehen wir mit der Tatsache um, dass unsere eigenen Daten fremdverwendet werden und damit lukrativ Handel betrieben wird?

Resilienz ist heute gefragter denn je. Wer die Google-Einträge zu diesem Thema mit verfolgt hat über die Jahre, stellt einen exponentiell erhöhten Anstieg fest.

Mit vielen Seminarteilnehmenden zusammen mache ich mir seit zehn Jahren Gedanken, womit dieser Umstand wohl zusammenhängt. Oft wird die Zunahme an Stressfaktoren in unserer modernen Gesellschaft als Faktor genannt. Was resiliente Menschen anderen voraus haben, wird seit rund sechs Jahrzehnten erforscht.

Mittlerweile hat sich Resilienz zu einem Schlüsselkonzept entwickelt, nicht nur für Einzelpersonen, sondern auch für Organisationen und Unternehmen, ja auch öffentliche Dienste -  wie zum Beispiel die Schweizer Katastrophenhilfe. Sogar die EU verfügt über ein Resilienzkonzept. Resilienz steht für psychische Widerstandskraft beim Menschen und für Selbstregulierungskräfte komplexer Systeme generell. Genau diese Selbstregulierungskräfte sind es, die in unserem Informationszeitalter grosse Bedeutung erhalten.                        

 

Resilienz - ein neuer Begriff hält Einzug, auch in Firmen und Organisationen

Bei Resilienz handelt es sich um ein lösungsorientiertes Konzept, denn es orientiert sich an  Schutzfaktoren anstelle von Risikofaktoren, also an den Ressourcen widerstandsfähiger Menschen und Organisationen. So wird nicht mehr überlegt, wo liegen alle Schwachstellen und Defizite, die es auszugleichen gilt, sondern welche Stärken und Kompetenzen der Mitglieder müssen gefördert werden in den Teams, und wie kann Diversität als Stärke genutzt werden. Wichtig ist, bezüglich Widerstandskraft nicht beim Team Halt zu machen, sondern auch die Organisation zu prüfen. Wie steht es um die Firmenkultur und die gemeinsamen Werte? Sind die Leitgedanken der Resilienz des Betriebes förderlich und werden sie von Führungsebene und Angestellten gleichermassen mitgetragen und verkörpert? Oder besteht Handlungsbedarf für stärkende Massnahmen für den Betrieb als Ganzes? Fühlen sich Mitarbeitende akzeptiert und geschätzt in ihrem Team, können sie zu Höchstleistung aufblühen und Teams können als wichtigsten ‚Produktionszellen‘ eines Unternehmens massgeblich zum Geschäftserfolg beitragen.

Neben der Förderung der eigenen Resilienz ist es für Leader also wichtig, auf die Resilienz des Teams zu achten. Resilienz hat viel mit Stressresistenz, mit innerer Haltung und emotionalen Skills zu tun, welche in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung einen immer grösseren Stellenwert erhalten. Es empfiehlt sich, sich als Firma wie auch als Einzelperson einem Resilienzcheck zu unterziehen und sich der Kultivierung von Resilienz und dem Aufbau eines Resilienzfeldes zu widmen - sei es im privaten Umfeld wie im Betrieb.

Das Resilienzfeld eines Systems von Menschen ist laut Karsten Drath das Resultat  einer Wechselwirkung verschiedener Faktoren, die einerseits von aussen (Gesellschaft, Wirtschaft, Technologie) andererseits aber auch aus der Gruppe selbst kommen. Ein Resilienzfeld kann in sieben Ebenen aufgeteilt werden, mit entsprechenden Resilienz-Sphären:

Ebenen des Resilienzfeldes

Entsprechende Sphäre der Resilienz

  • Zusammensetzung
  • Lernfähigkeit
  • Vertrauen u. Unterstützung
  • Konfliktfähigkeit
  • Commitment
  • Accountability (Verantwortlichkeit)
  • Sinn und Identität
  • Persönlichkeit
  • Biographie
  • Ressourcen
  • Authentische Beziehungen
  • Haltung
  • Haltung
  • Sinn

                     

Das Resilienzfeld einer Gruppe ist gleichermassen das Produkt eines inneren Entwicklungsprozesses wie auch eines Anpassungsprozesses an das Umfeld der Gruppe. Wird dem Aufbau eines Resilienzfeldes Aufmerksamkeit geschenkt, kann sich dies auszahlen. Der Lohn ist erhöhte Widerstands- und Regenerationsfähigkeit sowie ein erhöhter Energielevel und bessere Performance einer Gruppe, einer Organisation.

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